Öfter taucht die Frage auf, worin genau der Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport besteht. Viele Stilisten beschreiben ihr System nach Ihrem Selbstbild, d.h sportaffine Menschen bezeichnen ihren Stil gerne als Kampfsport. Als Wing Tsunler definiere ich (Hayo Zuber) Wing Tsun als Kampfkunst und möchte das im Folgenden begründen: vereinfacht
gesagt, ist das Ziel im Sport einen bestimmten Bewegungsablauf optimal auszuführen. Die Umstände (Ziel, Boden, Hindernisse, Hilfsmittel...) sind definiert. Es gibt Altersklassen, Gewichtsklassen und Geschlechtertrennung. Der Sportler kann sich auf einen Wettkampftermin, der vorher bekannt ist, vorbereiten.
Im Wing Tsun als Kampfkunst und Selbstverteidigung haben wir es allerdings mit nicht vorher bestimmten Rahmenbedingungen zu tun. Wir wissen meist nicht in welchem Umfeld und gene wen und wann wir uns verteidigen müssen. So als wenn ein Sprinter plötzlich im Wettkampf plötzlich im Wasser liegt und schwimmen muss. In solche einem unbestimmten Umfeld helfen dem Wing Tsunler die großen Sieben des Wing Tsun:
Eine einzelne optimierte Technik (wie im Sport) kann unter Umständen nicht erfolgreich sein. Der Wing Tsunler trainiert als Kampfkünstler seine achtsamkeit und Anpassungsfähigkeit an Situationen um die sich bietenden Möglichkeiten nutzen zu können. Aus diesem Blickwinkel trainiert Wing Tsun als Kampfkunst der Situation angepasste Kreativität und nähert sich damit der Kunst an. Obige Fähigkeiten sind natürlich ein langfristiges Ziel. Wie in den meisten Künsten werden in der Anfangphase natürlich auch handwerkliche Fähigkeiten unterrichtet.
Dementsprechend werden in der Anfangsphase im Unterricht erst einmal Standardsituationen und -reaktionen trainiert, z.B. Blitz Defense, um ein Basisrepertoire. Dazu gehören auch speziele Powerübungen, so dass der sportliche Aspekt im Unterricht nicht zu kurz kommt. Je länger ein Schüler Wing Tsun trainiert desto mehr verschiebt sich der Schwerpunkt von den Standardlösungen, bei denen immer eine reale Situation (= Frage) in die Antwort reingepresst werden muss, hin zur Anpassungsfähigkeit.
Insofern kann man den Trainingsverlauf als einen vom Kampfsport hin zur Kampfkunst beschreiben.